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Sonntag, 03. Februar 2019 12:31 Uhr

"Wir wollen doch Fußball spielen" - Schiedsrichterlegende Ernst Mewes im Interview "Wir wollen doch Fußball spielen" - Schiedsrichterlegende Ernst Mewes im Interview

Mannschaft 1: 1. FC Wunstorf
Kommerzielle Anzeige: Nein
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Holzminden (mm). Nahezu jeder im Kreis Holzminden kennt Ernst Mewes. Spätestens als das Foto von ihm im Schiedsrichterdress mit der Aufschrift "Hauchdünn Abseits, Freundchen" die Runde machte, wurde er auch der jüngeren Generation bekannt gemacht. Noch heute sieht man die Schiedsrichterlegende als Zuschauer auf den Plätzen und in den Hallen des Kreises Holzminden.

So auch am vergangenen Wochenende, als wir uns mit "Ernst" zu einem Interview beim Symrise-Hallenturnier in der Holzmindener Liebighalle verabredet hatten. Und eins fällt auf: Viele bemerken uns, wie wir auf der Tribüne sitzen, und kommen mit einem Lächeln im Gesicht auf ihn zu. Doch wie blickt Mewes auf seine fußballerische Laufbahn und seine Schiedsrichterkarriere zurück? Was ist ihm lustiges passiert und was sollte sich aus seiner Sicht schnell ändern?

Redaktion: "Ernst, wie geht's dir?"

Ernst: "Mir geht's gut. Danke."

Redaktion: "Wie bist du zum Fußball gekommen?"

Ernst: "In den 50er Jahren gab es noch wenige andere Sportarten. Meine Brüder haben auch Fußball gespielt, sodass ich damals in Ottenstein, wo ich meine Lehre gemacht habe, auch Fußball gespielt habe."

Redaktion: "Wo hast du im Herrenbereich gespielt?"

Ernst: "Als 18-jähriger bin ich zum SV Rühle gewechselt. Dann bin ich nach einiger Zeit zum FC Herta Lütgenade/Warbsen gewechselt, ehe ich meine Heimat beim VfB Negenborn gefunden habe. Dort habe ich mit der Zeit in der Altherren bei der SG GoLüWa zusammen 26 Jahre gespielt. Für den VfB habe ich darüber hinaus auch 13 Jahre Schiedsrichter gemacht. Als ich zu meinem 50. Geburtstag vom damaligen Vorsitzenden nicht einmal eine Karte geschenkt bekommen habe, bin ich aus dem Verein ausgetreten."

Redaktion: "Warum bist du Schiedsrichter geworden? Wie hoch hast du gepfiffen?"

Ernst: "Ich bin 1977 Schiedsrichter geworden, weil es mich aufgeregt hat, wenn Schiedsrichter vor ihren Spielen schon gesagt haben, wer gewinnen wird und man dann den Tag danach in der Zeitung gelesen konnte, dass das Ergebnis dann auch so eingetroffen ist. Ich wollte Gerechtigkeit auf dem Platz herstellen und habe dann 40 Jahre lang versucht es jedem Recht zu machen, auch wenn mir nachgesagt wurde, dass ich arrogant wäre, weil ich auf dem Platz bei manchen Entscheidungen gelächelt habe. Ich habe bis zur Bezirksliga gepfiffen und war unteren anderem bei Schiedsrichtern wie dem jetzigen Ehrenvorsitzenden des Kreises Holzminden Wolfgang Peter und dem jetzigen NFV-Vizepräsidenten August-Wilhelm Winsmann in der Landesliga/Oberliga an der Linie."

Redaktion: "Was war zu deiner Zeit als aktiver Schiedsrichter besser? Woran fehlt es in der heutigen Zeit?"

Ernst: "Es herrschte ein besserer Zusammenhalt unter den Schiedsrichtern und die älteren Schiedsrichter wurden von den Jungschiedsrichtern mehr respektiert. Wir haben im Kreis Holzminden einige sehr gute Jungschiedsrichter, die förderungswürdig sind. Hier müssten sich meiner Meinung nach Michael Weiner als ehemaliger Bundesligaschiedsrichter, Tino Wenkel als Verbandsschiedsrichterlehrwart und eben auch Vizepräsident August-Wilhelm Winsmann besser einbringen und Schulungen vornehmen. Mit Marian Kempf haben wir einen sehr guten Schiedsrichter in unseren Reihen, der es in die Herren-Landesliga geschafft hat. Aus ihm ist etwas geworden. Ich traue ihm zu, irgendwann mindestens in der 2. Bundesliga aktiv zu sein. Er ist lernwillig und hat immer das angenommen, was man ihm gesagt hat."

Redaktion: "Wie sah dein typischer Fußball-Sonntag aus?"

Ernst: "Ich habe mich immer gut vorbereitet und war eine Stunde vor dem Spiel vor Ort. In der Kabine bin ich dann nochmal das Regelheft durchgegangen, damit ich auch keinen Fehler mache. Man muss sich auf dem Platz immer zu 100 % sicher sein. Beispielsweise gab es in Dohnsen mal einen Strafstoß, den ich wiederholen lassen habe. Dohnsen hat dagegen Einspruch eingelegt und vorm Sportgericht habe ich dann Recht bekommen. Ohnehin kam es bei mir selten vor, dass ich bei den Regelfragen in der Leistungsprüfung Fehler gemacht habe."

Redaktion: "Und wie ging es nach den Spielen dann für dich weiter?"

Ernst: "Wenn ich auf meine Zeit als Bezirksligaschiedsrichter zurückblicke, ging es nach den Spielen immer in eine Gaststätte nach Eime. Früher war es so, dass es insgesamt 18 Bezirksligaschiedsrichter gab, die dann die Spiele beispielsweise in Elze, Alfeld, Freden und Hildesheim gepfiffen haben. Wir wurden nur zu brisanten Derbys in unsere Heimatkreise geschickt. In Eime haben wir uns getroffen, einen getrunken und etwas gemeinsam gegessen. Es war eine schöne Zeit."

Redaktion: "Warst du als Schiedsrichter ein Freund des Spielflusses?"

Ernst: "Ja, ich habe immer versucht das Spiel so lange, wie es ging, laufen zu lassen, da ich ja auch lange Zeit selbst Fußball gespielt habe und dadurch wußte, worum es beim Fußball ging. Man kann ein Spiel zerpfeifen und damit nimmt man den Spielern die Lust am Fußball spielen, was nicht der Sinn des Fußballs ist. Ich habe das den Anwärtern bei der Schiedsrichterausbildung auch immer so vermittelt. Zudem finde ich's gut, dass die Regel eingeführt wurde, dass man 3-4 Sekunden abwarten kann, ob sich ein Vorteil ergibt und wenn nicht, man den verzögerten Pfiff machen darf."

Redaktion: "Hast du auch mal etwas auf dem Platz gemacht, was man sich in der heutigen Zeit nicht mehr erlauben würde?"

Ernst: "Ich bin mal zu einem Landesligaspiel als Linienrichter mit nach Springe gefahren. Ich habe einige Situationen anders als der leitende Schiedsrichter aufgenommen und wurde bei Abseitsentscheidungen ständig überstimmt. In der Halbzeitpause habe ich dann zu meinem Schiedsrichterkollegen wortwörtlich gesagt: "Wenn du mich noch einmal überstimmst, dann lege ich die Fahne auf den Boden und gehe während des Spiels zum Duschen in die Kabine". Bei der ersten Situation der zweiten Halbzeit hat der Schiedsrichter mich erneut überstimmt, sodass ich die Fahne auf den Boden gelegt habe und zum Duschen in die Kabine gegangen bin. Das Spiel ging dann mit einem Linienrichter weiter und ich bin bei dem Schiedsrichter auch nie wieder mitgefahren. Ich habe dann auch einfach kommuniziert, dass es mir nicht gut ging, sodass ich für die Aktion keine Strafe kassiert habe."

Redaktion: "Welche Funktionen hattest du im Schiedsrichterausschuss bzw. in der Schiedsrichtervereinigung?"

Ernst: "Ich war jahrelang Jugendschiedsrichteransetzer. Das lief damals noch ohne Internet ab. Ich habe die Ansetzung mit dem Kuli handschriftlich gemacht, die Briefmarken angeleckt und den Brief dann per Post rausgeschickt. Die Abmeldungen kamen dann per Telefon, sodass man auch kurzfristig per Telefon Spiele ansetzen musste. Einmal rief Holenbergs Christian Klindworth bei mir an und berichtete mir, dass seine Eltern ihn zu seinem Spiel nicht fahren könnten und er damit das Spiel nicht pfeifen kann. Dann bin ich eben auch mal Fahrer in Erscheinung getreten. Das lag mir sehr am Herzen. Ich war einige Zeit auch Schriftführer in der Schiedsrichtervereinigung. Kreisvorsitzender August Borchers hat mich dann schließlich überredet den Kreisschiedsrichterlehrwart zu machen, was ich dann auch vier Jahre sehr gerne gemacht habe. Ich habe in der Zeit 130 Schiedsrichter ausgebildet sowie 20 Trainingsanzüge und 160 Polohemden für die Schiedsrichter besorgt. Zudem habe ich unter anderem den jetzigen Schiedsrichterausschussvorsitzenden Sebastian Müller ausgebildet. Nach vier Jahren wollte eigentlich der gesamte Vorstand aufhören, was dann nicht eingetreten ist. Ich bin altersmäßig und weil ich zu meinem Wort stehen wollte, ausgeschieden."

Redaktion: "Du warst nicht nur im Schiedsrichterwesen unterwegs. Du hast sogar fast zwei Jahre die Mannschaft des damaligen Fußballvereins von Ay Yildiz Holzminden trainiert. Wie war das für dich?"

Ernst: "Die Mannschaft wäre aus disziplinarischen Gründen beinahe aus dem Spielbetrieb rausgeflogen. Ich war 37 Jahre bei der Bundeswehr, 12 Jahre davon als Soldat und habe bei der Bundeswehr auch eine Fußballlizenz gemacht. Ich wollte dem Verein helfen. Es war sportlich gesehen eine sehr gute Zeit. Die Karten sind zunehmend weniger geworden. Ich war mit viel Herzblut bei der Sache und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, südländische Spieler, aber auch Spieler wie Max und Alexander Gurski, zu trainieren."

Redaktion: "Wie bist du Schiedsrichter vom Abschiedsspiel von Marec Wenzel geworden?"

Ernst: "Es war sein ausdrücklicher Wunsch, dass ich der Schiedsrichter der Begegnung sein soll. Ich fand die Idee sehr gut, auch weil ich Boffzens Vorsitzenden Hartmut Altmann sehr schätze. Es hat mir vor, während und nach dem Spiel sehr viel Spaß gemacht."

Redaktion: "Wie hast du von dem Foto mit dem Spruch "Hauchdünn Abseits, Freundchen" erfahren? Kannst du dich noch entsinnen diesen Spruch in Spielen gesagt zu haben?"

Ernst: "Michael Düwel von Polle hat mich angerufen und mir erzählt, dass sein Sohn ein Foto von mir hat. Er fragte mich, ob er das Foto mit dem Spruch "Hauchdünn Abseits, Freundchen" ins Internet stellen kann. Ich habe mir das Foto angeguckt und ihm gesagt, dass er das gerne machen kann. Ich habe den Spruch auf jeden Fall einmal in Lenne gesagt, als ich ohne Assistenten unterwegs war. Da sagte ein Spieler zu mir: „Dass du das von dahinten überhaupt sehen kannst!" und ich antwortete daraufhin: „Ja, das war hauchdünn abseits, das kannst du mir glauben". Ich finde solche Sprüche gehören zum Fußball einfach dazu. Es muss auch Spaß machen, sonst ist Fußball kein Erlebnis."

Redaktion: "Wie siehst du die Zukunftsfähigkeit des Kreises Holzminden?"

Ernst: "Der Verbände machen die Kreise kaputt. Die Einführung der fünften gelben Karte schwächt die Mannschaften. Das können sie in der Bundesliga machen, aber nicht auf Kreisebene. Teams, die einen kleinen Kader haben, werden bei Verletzungspech und beruflich verhinderte Spieler zusätzlich bestraft. Wir wollen doch Fußball spielen. Ich finde man sollte eher wieder die 10 Minuten Zeitstrafe (wurde früher vor der gelb-roten Karte gezeigt) einführen. Wenn man in einem Spiel z.B. zehn Minuten drei Spieler weniger auf dem Platz hat, tut das dem Teams denk ich eher weh."

Redaktion: "Welche Meinung hast du zum Videobeweis?"

Ernst: "Der Videobeweis ist das Idiotischste, was es gibt. Man sollte den Schiedsrichterassistenten mehr Mitspracherechte geben. Immerhin handelt es bei den Assistenten ebenfalls um Schiedsrichter, die mindestens in der dritten Liga pfeifen. Von denen dürfte man erwarten, dass sie wissen, um was es geht. Dafür entscheiden dann die Schiedsrichter, die im Kölner Keller sitzen."

Redaktion: "Wir möchten dir ganz herzlich für das Gespräch danken und freuen uns dich demnächst wieder als Zuschauer auf den Plätzen antreffen zu dürfen."

Ernst: "Sehr gerne."

Foto: mm

 

 

 

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